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Grußworte am 13.11.2004 im Wyhler Wald von Pfarrer a.D. Günter Richter

Der Tod von Sébastien Briat trifft uns tief ins Herz. 22 Jahre jung ließ er sein Leben im Kampf gegen eine bedrohte Umwelt, gegen die bedrohte Schöpfung Gottes. Ich hätte solches Opfer nicht zu geben vermocht! Er erinnert mich an den Verbrennungstod des Pfarrers Brüsewitz gegen die Gewaltherrschaft in dar damaligen DDR. Was ich aber nun ganz persönlich zu tun vermag, das will ich tun und mich darin von niemanden einschüchtern lassen! Laut und vernehmlich will ich mich lebenslang dafür einsetzen, dass die nukleare Energiegewinnung verschwindet. Utopie? So meinten es damals meine eigenen Gemeindeglieder in Weisweil: "Löhnt Si d'Finger dervo, die gemeint waren die in Stuttgart und Karlsruhe machet ja doch, was si wänn! Aber nein, sie machtens nicht! Und so trage ich die Hoffnung, dass jeglicher Einsatz am Ende die gewünschten Früchte trägt – und sei es nur für unsere Ecke, die jetzt durch Äußerungen wie die von Frau Schawan bereits erneut bedroht zu sein scheint.

Am 18. Februar 1972 legte mir der emeritierte Professor Klump – ein Schüler des renommierten Atomphysikers Otto Hahn - im Rahmen eines Gemeindeseminars im Weisweiler Gemeindehaus den Samen des Protests ins Herz als er sagte: "'Atomenergiegewinnung grenzt längerfristig an die Folgen des Bombenabwurfs von Hieroshima". Sie ist "gefährlich und taugt wegen der ungeklärten Entsorgung nicht für die Stromproduktion". Schon hier, drei Jahre vor dem Baubeginn, vor der Platzräumung durch die Polizei und schließlich der Wiederinbesitznahme des Platzes durch die Bürgerinnen und Bürger unserer Region, wusste ich mit vielen anderen Freunden "auf welcher Seit ich zu stehen hatte (Lied von Walter Mossmann) und ich denke jetzt dabei auch an den mutigen Lahrer Polizisten Kommissar Hans Weide, der es mit seinem Gewissen nicht vereinbaren wollte und konnte, dass nur wenige Stunden später auf Befehl des damaligen Ministerpräsidenten Dr. Filbinger mit polizeilicher Übermacht der Platz "zurück erobert" werden sollte. Wir blieben -dank des Weide'schen "Verrats" damals vom Schlimmsten bewahrt. Glücklicherweise dann auch von jenem nuklearen Ofen, der bis heute und hier vor Ort unaufhörlich eine "strahlende Zukunft" produziert hätte. So wehren wir uns im unnachgiebigen Protest gegen den täglich mehr bedrohenden und stets maroder werdenden Atommeiler in Fessenheim. Gleichzeitig protestieren wir gegen eine Landesregierung, die trotz Tschernobyl und vieler anderer Störfälle und trotz ungeklärter Entsorgung des Atommülls immer noch an der Option er Atomenergie beharrlich festhält.

Neue Atomkraftwerke? "Nai hämmer gsait" So steht es hier fest eingemeißelt auf dem Gedenkstein im Wyhler Wald. Dabei bleibt es! Wehret den Anfängen! Mit diesem Motto bemühten wir uns damals gegen die hiesigen Pläne. Das gilt auch heute! Eine Planung beginnt in den Köpfen und den entsprechenden verbalen Bekundungen, nicht erst auf dem Reißbrett oder beim Bäumefällen! Lasst uns gemeinsam dafür kämpfen, dass Gottes gute Schöpfung nicht noch mehr vor die Hunde geht. Allzu viel ist bereits zerstört. Dies zu versprechen sind wir unserem Freund Sébastien Briat schuldig. Gott gedenke seines Opfers, welches er uns allen zugute brachte.

Pfarrer Günter Richter

Rede für Sébastien Briat in Wyhl am 13 November 2004 von Philippe Hugoniot

Wir sind heute hier versammelt, um Sébastien Briat zu gedenken, der mit 22 Jahren, sein Leben verloren hat, weil er Ideen durch Aktionen ausdrücken wollte. Die Ideen von Sébastien Briat teilen wir, weil wir auch denken, dass das Atomrisiko zu groß ist, um es einfach so anzunehmen. Die Aktion hat aber für ihn den Tod bedeutet. Sein junges Leben ist beendet. Seine Familie und wir trauern.  Die Verantwortung für diesen schrecklichen Tod wird zu klären sein. Es ist aber heute nicht an der Zeit eine Debatte darüber anzufangen. Vielmehr geht es heute darum, unser Entsetzen auszudrücken, dass ein so junger Mann für seine Ideen gestorben ist. Dennoch werden wir uns vielleicht auch fragen müssen, ob wir nicht eine Mitverantwortung tragen, da wir durch unsere Überzeugung junge Leute dazu animieren, solche Taten durchzuführen. Eine andere Debatte wird auch zu führen sein, nämlich die über die Kernenergie, welche nie mit der Bevölkerung geführt wurde. Die Kernenergie wurde von oben durchgesetzt , ohne dass die Bevölkerung gefragt wurde, ob sie bereit war, dieses Risiko auf sich zu nehmen, welches die Erde für Millionen von Jahren mit radioaktiven Strahlen verseuchen wird. Dies bedeutet auch den Tod für viele Generationen, die an Krebs und Leukämie sterben werden. Es ist nachgewiesen, dass Schildrüsenkrebs durch radioaktives Jod, Muskelkrebs durch Cäsium und andere tödlichen Krankheiten durch Radioaktivität verursacht werden. Wir sind also alle auf den Gleisen und werden auch irgendwann überrollt, da die Staaten das radioaktive Risiko auf sich nehmen, wie sie früher Kriege mit zahlreichen Opfern in Kauf nahmen. Der Atomzug ist seit 30 Jahren nicht zu bremsen. Wohin wird er uns führen? In den Tod, wenn wir uns nicht besinnen und uns auf  sanftere Energien umstellen. Es gibt andere Möglichkeiten Strom zu produzieren, durch Wind- und Solarenergie, Biomasse, Geothermie, und Wasserkraft. Dies alles sind Gründe aus denen sich Sébastien Briat an die Gleise gekettet und sein Leben riskiert hat. Er wird uns als Märtyrer unserer Bewegung in Erinnerung bleiben.

Philippe Hugoniot, Sprecher der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen


Redemanuskript von Axel Mayer, BUND-Regionalverband

bei der Trauerfeier der badisch-elsässischen BIs. 13.11.04


Liebe Freundinnen und Freunde,


wir stehen hier und trauern um den französischen AKW Gegner Sébastien Briat. Er wollte leben und er starb. Bei diesem Castortransport ging es um deutschen Atommüll, um Atommüll von EnBW, von EON und anderen Atomkonzernen.

Wir müssen uns immer wieder klar machen:

Wer Kunde der Atomkonzerne ist, trägt Mitverantwortung für die Produktion von Atommüll und damit auch für Castortransporte.

 

In den Medien wird berichtet, Sébastien sei das erste Opfer gewaltfreien Widerstandes in Frankreich gewesen. Die Medien haben ein sehr kurzes Gedächtnis.

Frankreich: Staatsgewalt und gewaltfreier Widerstand. Wir erinnern:
*7.11.04*
Sébastien Briat stirbt auf den Schienen in Lothringen. Wie ist es möglich, dass ein Castortransport mit seiner gefährlichen Todesladung so unvorsichtig schnell in eine Kurve fährt?
Hätte dort, wo Sébastien Briat starb, ein Terror-LKW
mit Sprengstoff gestanden, dann müsste Rest-Frankreich heute
aus den überseeischen Provinzen regiert werden.

Es ist faszinierend zu sehen, wie die Medien diesen Aspekt völlig ausblenden und nur den „Leichtsinn“ der Blockierer in den Vordergrund der Berichterstattung schieben.

Und Sébastien ist nicht das einzige Opfer.


*1977*
Im elsässischen Heiteren wird ein Mast des noch nicht fertiggestellten AKW Fessenheim besetzt. Bei einem Brandanschlag auf die gewaltfreien Besetzer wird ein Umweltschützer schwer verletzt.

*1977*

Bei einer Anti-AKW-Demonstration in Malville (Schneller Brüter)
am 31.07.77 starb Vital Michalon. Er wurde von einer Polizei-Offensiv-Granate getroffen. Die französische Spezialpolizei ging mit unglaublicher Brutalität vor. Drei weitere Personen wurden durch die eingesetzten Offensiv-Granaten schwer verstümmelt. Nach diesem Schlag brach die französische Anti-Atombewegung für Jahre zusammen. Der Tod von Vital hat der Atommafia genützt.

*1985*

Greenpeace-Proteste gegen Atomtests auf dem Mururoa-Atoll in Französisch-Polynesien. Bei einem Attentat des französischen Geheimdienstes auf das Greenpeace-Schiff Rainbow Warrior wird das

Schiff versenkt, und ein Fotograf ertrinkt.


Ein Mordanschlag durch den französischer Geheimdienst.

Wir leben in Frankreich und Deutschland in einer Demokratie.

Wie sind in Demokratien solche Dinge möglich?

Atomkraftgegner kämpfen gewaltfrei für das Leben. Wenn sich die Menschen in Gorleben und anderswo nicht „quer stellen“ würden,

dann hätte die Atomlobby sich in diesem Land schon lange durchgesetzt.

Wir müssen dennoch stets bei allen Aktionen darauf achten, das Leben des anderen und unser Leben zu schützen.

Gewaltfreiheit setzt aber auch ein gewisses Maß an Zivilisation bei der anderen Seite voraus.

 

Redemanuskript von Axel Mayer, BUND-Regionalverband

 

sébastian /ein Beitrag von ulla bonczek

sumus

salu Sébastien

ich saß nicht
an deiner wiege

ich trauere
mit deiner mutter

salu sébastion

Im folgenden dokumentieren wir hier die Erklärung des 'Netzwerk Atom-Ausstieg'
in einer deutschen Übersetzung und weit unten im Original.


Das französische 'Netzwerk Atom-Ausstieg' (Réseau Sortir du nucléaire) fordert
eine vollständige Aufklärung der Umstände, die zum Tod des jungen
Atomkraft-Gegner Sébastien Briat führten

Das französische 'Netzwerk Atom-Ausstieg' (Réseau Sortir du nucléaire) gibt
seine Verwunderung über Schlußfolgerungen zum Ausdruck, die im
staatsanwaltlichen Untersuchungs-Bericht über die Umstände, die zum Tod des
Atomkraft-Gegners Sébastien Briat führten, gezogen werden. Sébastien Briat war
bei einer Protestaktion gegen die Gefahren von Atommüll-Transporten am 7.
November 2004 bei Avricourt ums Leben gekommen. Eindeutig wird mit diesem
Bericht versucht, die Behörden, die SNCF (französische Bahn) und die
Atomindustrie von ihrer materiellen und moralischen Verantwortung zu entlasten.

Wenn in dieser Untersuchung die Rede von eine "Reihe von Unvorsichtigkeiten und
Fehlern" die Rede ist, werden diese in erster Linie den jugendlichen
DemonstrantInnen zugeschrieben. Dennoch erscheint es offensichtlich, daß die
Verantwortlichen für den Transport zumindest einen großen Teil der Verantwortung
tragen:

- Der Zug fuhr durch eine bekannte "Risikozone", in der schon in der
Vergangenheit häufig Aktionen von Atomkraft-GegnerInnen stattfanden. Wie stand
es mit den Sicherheitsvorkehrungen, die deshalb von den zuständigen Behörden zu
erwarten gewesen wären?

- Der zur Überwachung der Schienen eingesetzte Hubschrauber war zum Tanken
weggeflogen. Warum und mit welcher Befugnis fuhr der Zug weiterhin mit etwa 100
km/h? Der Atommüll-Zug hätte die Geschwindigkeit, zumindest während der
Abwesenheit des Hubschraubers verlangsamen müssen. Dies wäre eine
Mindestvoraussetzung an die Sicherheits-Vorkehrungen, die von der SNCF, von der
COGEMA und den zuständigen Behörden, die für den Transporte verantwortlich sind,
gewährleistet sein muß.

Das fehlende Einkalkulieren von möglichen Hindernissen auf den Schienen läßt
große Lücken in der Überwachung des Transportwegs und äußerst mangelhafte
Sicherheitsmaßnahmen bei allen Atomtransporten auf der Schiene sichtbar werden.
Mit solchen Transporten werden der in der Umgebung der Bahnstrecke lebende
Bevölkerung wahnsinnige Risiken aufgeladen.  Dieser durch nichts zu
rechtfertigende Unfall hat den Tod eines jungen Menschen verursacht und auf
dramatische Weise die gravierenden Risiken deutlich gemacht, die uns mit jedem
Transport von radioaktivem Material zugemutet werden.

Die im 'Netzwerk Atom-Ausstieg' zusammengeschlossenen Gruppen und Organisationen
fordern den französischen Staat auf, schnellstmöglich
 - die Produktion von hochgefährlichen Materialien wie radioaktiven
Brennelementen und Atommüll in Frage zu stellen
- die Zahl der mit höchstem Risiko verbundenen Atomtransporte zu begrenzen; und
zwar besonders durch das Beenden der Wiederaufbereitung von Atommüll aus anderen
Ländern
- die Sicherheitsnormen für diese Art Transporte umfassend zu überprüfen, was
bisher offensichtlich nicht getan wurde.

Das 'Netzwerk Atom-Ausstieg' richtet die Minimalforderung an SNCF und zuständige
Verwaltung, ihre eigenen Vorschriften einzuhalten. Die Züge müssen zu einer
langsamen Fahrt verpflichtet werden, das heißt sie müssen vor jedem möglichen
Hindernis anhalten können, vor allem wenn es den kleinsten Hinweis auf
Protestaktionen gibt.

Fehlende Transparenz beim Zugang zu Informationen ist gefährlich. Deshalb müssen
die Verfügungen über militärische Geheimhaltung bei Atomtransporten aufgehoben
werden. Das Personal der SNCF, die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden und
die Bewohner in der Umgebung der Bahnstrecke müssen vor jedem Atomtransport
informiert werden.

Wir verurteilen den Versuch der Verharmlosung der Atommüll-Transporte durch
diesen Bericht der Untersuchungs-Kommission, der nicht die wirklichen Ursachen
des Todes von Sébastien Briat offenlegt, sondern allein die Betreiber der
Atommüll-Transporte von ihrer Verantwortung entlastet.

Das 'Netzwerk Atom-Ausstieg' fordert erneut, die vollständige Aufklärung der
Ereignisse.

für das 'Netzwerk Atom-Ausstieg':
Jean-Marie Brom
Stéphane Lhomme


Militant antinucléaire décédé :   Le Réseau "Sortir du nucléaire" demande
que toute la lumière soit faite  !

Le Réseau "Sortir du nucléaire" s'étonne des conclusions de l'enquête
concernant le décès du militant antinucléaire Sébastien Briat, le 7 novembre
2004 à Avricourt, au cours d'une action de sensibilisation aux dangers des
transports ferroviaires de déchets nucléaires.
Il apparaît clairement que l'enquête exonère les autorités, la SNCF, et les
entreprises du nucléaire de leurs responsabilités matérielles et morales.

Si cette enquête met en lumière un concours d'imprudences et de
dysfonctionnements, ils apparaissent imputées majoritairement aux jeunes
militants.


Or, il semble évident que les convoyeurs ont aussi une importante part de
responsabilité :
- Le train circulait dans une zone "à risques", traditionnellement
fréquentée par des manifestants, quid des mesures de sécurité que l'on
pouvait attendre de la part des autorités compétentes ?
- En l'absence de l'hélicoptère sensé surveiller la voie, parti faire le
plein de kérosène, pourquoi et comment le convoi a-t-il continué à circuler
aux environs de 100 km/h ?
Le convoi aurait dû circuler à vitesse réduite, au moins pendant l'absence
de l'hélicoptère : il s'agit là d'un minimum de sécurité à attendre de la
SNCF, de la COGEMA et des autorités responsables du transport.

Une telle imprévoyance des probabilités d'obstacles sur les voies met en
évidence, et un grave défaut de surveillance, et un manque flagrant de
mesures de sécurité sur l'ensemble des transports ferroviaires des matières
nucléaires.
Ces transports font courir des risques insensés aux populations riveraines,
depuis des années.
Cet accident injustifiable, qui a causé mort d'un jeune homme, a mis en
évidence de façon dramatique les risques considérables que nous fait prendre
tout transport de matière radioactive.

Pour les associations et groupes fédérés par le Réseau "Sortir du
nucléaire", la France doit de toute urgence :
- remettre en cause la production de matières aussi dangereuses que les
déchets et matières nucléaires
- limiter le nombre de ces transports à hauts risque, notamment en cessant
sa politique de retraitement des déchets étrangers
- revoir totalement les normes de sécurité qui devraient entourer ce type de
transports, ce qui visiblement n'a pas été fait

Le Réseau "Sortir du nucléaire" exige a minima que la SNCF et les pouvoirs
publics respectent leur propre réglementation et imposent une  " marche
prudente "  c'est à dire être en mesure de s'arrêter avant tout obstacle,
dès qu'il y a présomption de manifestation.

L'absence de transparence est dangereuse. En conséquence, le secret défense
doit être abrogé et tout transport de matières nucléaires porté à la
connaissance du personnel SNCF, des maires des communes traversées et des
populations riveraines.

La poursuite de la banalisation des transports de déchets nucléaires, avec
ce compte-rendu d'enquête qui ne pointe pas les véritables causes du décès
de Sébastien Briat et fait fi des responsabilités des transporteurs ne peut
qu'être dénoncée.
Une nouvelle fois, le Réseau "Sortir du nucléaire" demande à ce que toute la
lumière soit faite.

Réseau Sortir du nucléaire
Jean-Marie Brom
Stéphane Lhomme

www.badisch-elsaessische.net